Meisterliche Bearbeitung eines klassischen Stoffs

„StageArt“ mit Ulrike Partik-Raupp setzt Goethes Faust-Thema in ein zeitgemäßes Theaterstück um

DIE BUSINESS-FRAU (Ulrike Partik-Raupp) wird vom Teufel (Julia Bergdolt) beraten und stürzt ihre Assistentin (Ann-Kathrin Beimel) in Verzweiflung (von links). Foto: Lother

Doktor Faust ist eine eiskalte, nur am eigenen Ego orientierte Business-Frau, angekommen auf dem Gipfel des Erfolgs – und trotzdem nicht glücklich. Daneben ist Doktor Faust immer noch Johann Wolfgang Goethes bekannte Figur: Der Forscher, dem alles gelingt, der alles entdeckt hat, was es zu erforschen gibt, und der dennoch nicht zufrieden ist, der in seinem Tun keinen Sinn mehr sieht, auf der rastlosen Suche „nach dem, was die Welt im Innersten zusammenhält“. Der Stutenseer Theaterverein „Stage-Art“ hat sich an nichts Geringeres gewagt als eine Faust-Darstellung – und hat mit seiner „StageArt-typischen“ Erarbeitung einer Adaption in die heutige Zeit ein Meisterstück geschafft. 

 

Die Bühne ist zweigeteilt: links die mittelalterliche Studierstube, rechts das ultramoderne Büro. Mit beiden Protagonisten agieren die Mächte „Gut“ (Pierre Borell) und „Böse“ (Julia Bergdolt). Die heutige Frau Doktor Faust (Ulrike Partik Raupp) ist getrieben von der Suche nach Macht und Anerkennung. Sie leitet ein Unternehmen, dessen Zulieferer mit Kinderarbeit zu tun hat. Passt schlecht in ihr Image, darf darum natürlich keiner wissen. Dafür schmückt sie sich mit einer Be-
teiligung an einer Stiftung, die sich in Namibia engagiert und lässt das Projekt
von ihrer Assistentin (Ann-Kathrin Beimel) betreuen. Der Böse kommt zu ihr als derjenige, der ihr perfide Ideen einflüstert und sie nicht davor zurückschrecken lässt, das moderne Gretchen, nämlich ihre Assistentin, über die Klinge springen zu lassen und an den Rand des Selbstmords zu treiben. Der mittelalterliche Faust (Marcel Horvatitsch) sucht das Glück in sexueller Befriedigung und verkauft dem Teufel seine Seele dafür.
Viele Anlehnungen an das Original prägen diesen „alten Teil“ des Stücks. Faust bekommt Gretchen (Stephanie Rosenfeld), aber auch er findet keinen Frieden und kein echtes Glück. Gretchens Schicksal ist die ungewollte Schwangerschaft und daraus resultierend der Mord an ihrem Kind und die Mitschuld am Tod der Mutter und des Bruders (Maximilian Lesch). Am Ende begegnen sich die beiden Gretchen in der Psychiatrie.
Aber – typisch „StageArt“ – ist das
Ende der Geschichte nur äußerlich tragisch, des Pudels Kern der Tragikkomödie ist die innere Stärke der beiden Frauen: Gretchen findet ihr Seelenheil bei Gott, die Assistentin glaubt an eine zweite Chance. In beiden Fällen hat der Böse das Nachsehen. Nicht nur die Idee zu diesem Stück war genial, auch die Umsetzung: Neben den gewohnt ausdrucksstarken und spielfreudigen Hauptdarstellern glänzten auch die kleineren Rollen (Susanne Lemke, Maren Müller, Sandra Maiter, Martin
Krauss, Paul Tremper und Ivana Herrmann) mit pfiffigen Einfällen und amüsierten das Publikum.

Marianne Lother

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